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Microdosing in Deutschland: Rechtslage, BtMG und was Sie wissen müssen
Einleitung: Warum die Rechtslage beim Microdosing entscheidend ist
Die wachsende Popularität von Microdosing wirft unweigerlich rechtliche Fragen auf. Bevor sich Menschen mit der praktischen Anwendung, Dosierung oder den erhofften Wirkungen beschäftigen, steht eine grundlegende Frage im Raum: Ist Microdosing in Deutschland überhaupt legal?
Die klare Antwort vorweg: Nein, Microdosing mit den klassischen Substanzen LSD und Psilocybin ist in Deutschland illegal. Diese Tatsache ist für viele überraschend, da Microdosing oft als harmlose, subtile Anwendung wahrgenommen wird. Doch aus rechtlicher Sicht macht die Dosierung keinen Unterschied – entscheidend ist allein die Substanz.
In diesem Artikel erklären wir die aktuelle Rechtslage von Microdosing in Deutschland sachlich und fundiert. Sie erfahren, welche Gesetze relevant sind, welche Konsequenzen drohen, wie die Situation in anderen Ländern aussieht und welche Entwicklungen sich abzeichnen. Falls Sie grundlegende Informationen zum Thema Microdosing benötigen, empfehlen wir unseren Microdosing Leitfaden für Einsteiger. Unser Ziel ist es, Ihnen eine realistische Einschätzung der rechtlichen Risiken zu geben – ohne zu dramatisieren, aber auch ohne zu verharmlosen.
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel dient ausschließlich der Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei konkreten rechtlichen Fragen wenden Sie sich bitte an einen Fachanwalt für Strafrecht.
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG): Die rechtliche Grundlage
Was ist das BtMG und wie ist es strukturiert?
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) ist das zentrale deutsche Gesetz zur Kontrolle von Substanzen mit Missbrauchs- oder Abhängigkeitspotenzial. Es wurde erstmals 1972 eingeführt und setzt internationale Vereinbarungen wie die UN-Drogenkonventionen in deutsches Recht um.
Das BtMG gliedert Substanzen in drei Anlagen:
- Anlage I: Nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel (nicht verschreibungsfähig, keine medizinische Verwendung zugelassen)
- Anlage II: Verkehrsfähige, aber nicht verschreibungsfähige Betäubungsmittel
- Anlage III: Verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel (medizinische Verwendung möglich)
LSD und Psilocybin in Anlage I
Sowohl LSD (Lysergsäurediethylamid) als auch Psilocin und Psilocybin (die Wirkstoffe von Magic Mushrooms) sind in Anlage I des BtMG gelistet. Das bedeutet:
- ❌ Kein legaler medizinischer Gebrauch
- ❌ Keine Verschreibungsfähigkeit
- ❌ Strenge Strafbarkeit bei Besitz, Erwerb und Handel
- ❌ Auch wissenschaftliche Forschung nur mit besonderer Genehmigung
Diese Einstufung basiert auf der Bewertung, dass diese Substanzen ein hohes Missbrauchspotenzial haben und keinen anerkannten therapeutischen Nutzen besitzen – eine Einschätzung, die in der modernen Psychedelika-Forschung zunehmend hinterfragt wird, rechtlich aber weiterhin gilt.
Rechtliche Definition: Besitz, Erwerb, Handel
Das BtMG unterscheidet verschiedene Tatbestände:
Besitz (§ 29 BtMG): Bereits das bloße Innehaben von Betäubungsmitteln ist strafbar. Es spielt keine Rolle, ob Sie die Substanz konsumieren wollen oder wie viel Sie besitzen.
Erwerb: Der Kauf oder sonstige Erhalt von Betäubungsmitteln ist ebenfalls strafbar – auch beim Microdosing relevante Kleinstmengen.
Handel und Weitergabe: Die Abgabe an andere Personen, auch unentgeltlich, wird deutlich härter bestraft als reiner Besitz zum Eigenkonsum.
Herstellung: Die Produktion oder Extraktion von Betäubungsmitteln (z.B. Pilzzucht, LSD-Synthese) ist besonders schwer strafbar.
Einfuhr: Die Bestellung aus dem Ausland erfüllt den Straftatbestand der Einfuhr und wird oft konsequent verfolgt, da Zollbehörden Pakete kontrollieren.
Geringe Mengen und Eigenkonsum
Ein oft zitiertes Missverständnis betrifft die sogenannte “geringe Menge”. Tatsächlich gibt es im BtMG keine Legalisierung oder automatische Straffreiheit für geringe Mengen. Was es gibt:
Die Möglichkeit zur Verfahrenseinstellung nach § 31a BtMG bei “geringen Mengen zum Eigenverbrauch”, wenn kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Dies ist aber:
- Keine Garantie, sondern eine Ermessensentscheidung der Staatsanwaltschaft
- Abhängig vom Bundesland (unterschiedliche Richtlinien)
- Bei LSD und Psilocybin oft restriktiver gehandhabt als bei Cannabis
- Keine rechtliche Legitimation – der Besitz bleibt strafbar
Richtwerte für “geringe Mengen” (nicht einheitlich):
- LSD: ca. 5-10 Trips
- Psilocybin/Psilocin: ca. 1-5 Gramm getrocknete Pilze
Diese Werte variieren stark zwischen Bundesländern und sind keine Freibeträge, sondern nur Orientierungswerte für die Staatsanwaltschaft.
Strafbarkeit und mögliche Konsequenzen
Welche Strafen drohen konkret?
Die Strafrahmen im BtMG sind gestaffelt nach Schwere der Tat:
Besitz zum Eigenkonsum (§ 29 Abs. 1 BtMG):
- Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe
- Bei Ersttätern und geringen Mengen oft Geldstrafe oder Einstellung nach § 31a
- Eintrag ins Führungszeugnis möglich
Handel oder größere Mengen (§ 29a BtMG):
- Freiheitsstrafe nicht unter 1 Jahr (Mindeststrafe!)
- Bei gewerbsmäßigem Handel oder Bandenmäßigkeit: nicht unter 2 Jahren
- Bei besonders großen Mengen: nicht unter 5 Jahren
Herstellung und Einfuhr:
- Oft als schwere Fälle gewertet
- Auch bei Kleinstproduktion für Eigenbedarf möglich
Besonderheiten bei Microdosing-Mengen
Die Mengen, die für Microdosing benötigt werden, sind objektiv sehr gering:
- LSD: 5-20 Mikrogramm pro Dosis (etwa 1/10 einer normalen Dosis)
- Psilocybin: 0,1-0,3 Gramm getrocknete Pilze
Ein typisches Microdosing-Protokoll über 8 Wochen benötigt etwa:
- LSD: 10-15 Trips à 10µg = ca. 1,5 Trips in “normaler” Dosierung
- Psilocybin: 15-20 Microdosen = ca. 3-5 Gramm getrocknete Pilze
Diese Mengen fallen meistens unter die “geringe Menge” und führen bei Ersttätern oft zur Verfahrenseinstellung. Garantiert ist das aber nicht, und das Risiko eines Strafverfahrens besteht immer.
Führerschein und berufliche Konsequenzen
Neben den direkten strafrechtlichen Folgen drohen weitere Konsequenzen:
Führerscheinentzug:
- Die Führerscheinstelle wird bei BtMG-Vergehen informiert
- Oft wird ein MPU (medizinisch-psychologisches Gutachten) angeordnet
- Selbst bei Verfahrenseinstellung kann die Fahrerlaubnis entzogen werden
- Der Entzug erfolgt nach Verwaltungsrecht, nicht Strafrecht – andere Maßstäbe!
Berufliche Nachteile:
- Beamte können disziplinarrechtliche Konsequenzen erwarten
- Sicherheitsüberprüfungen (z.B. in sensiblen Berufen) können negativ ausfallen
- Einträge im Führungszeugnis können Jobchancen beeinträchtigen
Auslandsreisen:
- Einige Länder (USA, Kanada, Australien) fragen nach Drogendelikten
- Einreiseverweigerung ist möglich
Straffreiheit des Konsums?
Ein wichtiger juristischer Punkt: Der Konsum selbst ist nicht strafbar – aber der notwendige Besitz vor dem Konsum. Dieser Unterschied ist in der Praxis bedeutungslos, bietet aber eine interessante rechtliche Perspektive: Das BtMG bestraft nicht das Verhalten (Konsum), sondern den Umgang mit der Substanz.
Rechtslage in anderen Ländern: Internationaler Vergleich
Liberale Regelungen in ausgewählten Ländern
Die internationale Rechtslage bei Psychedelika ist sehr unterschiedlich und in Bewegung:
Niederlande:
- Psilocybinhaltige “Magic Truffles” (Sklerotien) sind legal erhältlich
- Magic Mushrooms selbst sind verboten, Trüffel gelten als Grauzone
- Amsterdam und andere Städte haben Smartshops mit legalem Verkauf
- LSD bleibt illegal
Portugal:
- Seit 2001 Entkriminalisierung aller Drogen für den Eigenkonsum
- Besitz bleibt Ordnungswidrigkeit, führt aber nicht zu Strafverfolgung
- Beratung und Behandlung statt Strafe
- Gilt als Vorbild für progressive Drogenpolitik
USA:
- Föderales System: Substanzen bundesweit illegal, aber einzelne Bundesstaaten liberalisieren
- Oregon: Seit 2020 Psilocybin-Therapie legal (Measure 109)
- Colorado: 2022 Entkriminalisierung von Psilocybin
- Weitere Städte (Denver, Oakland, Santa Cruz, Seattle) haben lokale Entkriminalisierung beschlossen
- Medizinische Forschung boomt
Kanada:
- Psilocybin für Palliativpatienten unter bestimmten Bedingungen legal
- Special Access Program ermöglicht Einzelfallgenehmigungen
- Politische Debatte über breitere Legalisierung
Jamaika & Bahamas:
- Psilocybin nie ausdrücklich verboten
- Legale Psilocybin-Retreats und -Therapien
- Wachsende “Psychedelic Tourism”-Industrie
Schweiz:
- LSD und Psilocybin grundsätzlich illegal
- Aber: Ausnahmen für medizinische und wissenschaftliche Zwecke leichter zu erhalten
- Einige Psychiater nutzen LSD therapeutisch mit Sondergenehmigung
Entkriminalisierung vs. Legalisierung
Es ist wichtig, zwei Konzepte zu unterscheiden:
Entkriminalisierung:
- Besitz und Konsum bleiben verboten, führen aber nicht zu strafrechtlicher Verfolgung
- Ordnungswidrigkeiten möglich
- Produktion und Handel bleiben strafbar
- Beispiele: Portugal, einige US-Städte
Legalisierung:
- Rechtmäßiger, regulierter Zugang zu Substanzen
- Qualitätskontrollen und Konsumentenschutz
- Besteuerung möglich
- Beispiele: Oregon (therapeutisch), Niederlande (Trüffel)
Die meisten internationalen Entwicklungen bewegen sich Richtung Entkriminalisierung und medizinischer Legalisierung, nicht völliger Freigabe.
Grauzonen und Legal Highs: Was ist mit Alternativen?
Research Chemicals und 1P-LSD
In den letzten Jahren tauchten immer wieder sogenannte “Research Chemicals” auf – chemische Abwandlungen von illegalen Substanzen, die (noch) nicht im BtMG gelistet waren.
1P-LSD (1-Propionyl-LSD):
- War ab ca. 2015 in Deutschland erhältlich
- Galt als “legal high”, da nicht explizit im BtMG genannt
- Seit Juli 2019 in Deutschland verboten (Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz – NpSG)
- Wird im Körper zu LSD verstoffwechselt, ähnliche Wirkung
Weitere LSD-Derivate:
- 1cP-LSD, 1B-LSD, 1V-LSD etc.
- Spielen “Katz und Maus” mit Gesetzgebung
- Meist nur kurzzeitig legal, dann verboten
- Rechtsunsicherheit und unklare Qualität
Das Problem mit Research Chemicals:
- Ständig wechselnde Rechtslage – was heute legal scheint, kann morgen verboten sein
- Wenig Forschung zu Sicherheit und Langzeitwirkungen
- Qualität und Reinheit oft unklar
- Das NpSG erfasst mittlerweile viele strukturell ähnliche Substanzen pauschal
Pilzzucht und Sporen
Ein weiterer rechtlicher Graubereich betrifft die Zucht von Psilocybin-Pilzen:
Pilzsporen:
- Sporen selbst enthalten kein Psilocybin
- Verkauf und Besitz von Sporen ist nicht explizit verboten
- Werden oft als “Forschungsmaterial” oder “Sammlerobjekte” verkauft
- Aber: Sobald die Pilze wachsen und Psilocybin enthalten, ist das Zucht = Herstellung von BtMG-Substanzen
Rechtliche Einschätzung:
- Der Kauf von Sporen allein dürfte straffrei sein
- Die tatsächliche Zucht erfüllt den Tatbestand der Herstellung (§ 29 BtMG)
- “Ich wollte nur Pilze zum Anschauen” ist keine realistische Verteidigungsstrategie
- Gerichte werten Zucht als klare Straftat
Frische vs. getrocknete Pilze:
- Rechtlich kein Unterschied – Psilocybin/Psilocin ist der entscheidende Stoff
- Frische Pilze enthalten prozentual weniger Wirkstoff (mehr Wassergehalt)
- Beide Formen sind gleichermaßen illegal
Natürliche psychoaktive Pflanzen
Einige pflanzliche Quellen bewegen sich in Grauzonen:
Mescalin-haltige Kakteen (Peyote, San Pedro):
- Mescalin steht im BtMG Anlage I
- Die Kakteen selbst sind nicht explizit verboten
- Verkauf als “Zierpflanzen” legal, Konsum oder Zubereitung illegal
- Rechtlich unklar, praktisch selten verfolgt
Ayahuasca und DMT-haltige Pflanzen:
- DMT ist BtMG Anlage I
- Pflanzen wie Mimosa hostilis oder Psychotria viridis sind nicht verboten
- Zubereitung zu Ayahuasca wäre Herstellung von BtMG-Substanzen
Fazit zu Alternativen: Es gibt keine eindeutig legale Alternative zu klassischem Microdosing in Deutschland. Alle Optionen bewegen sich in rechtlichen Grauzonen oder sind klar illegal. Die scheinbare Legalität einiger Produkte ist oft nur vorübergehend oder beruht auf Schlupflöchern.
Medizinische Forschung und therapeutische Anwendung
Der Status der Psychedelika-Forschung in Deutschland
Trotz der restriktiven Rechtslage wächst das wissenschaftliche Interesse an Psychedelika:
Aktuelle Forschungsprojekte:
- Charité Berlin: Studien zu Psilocybin bei Depressionen
- Universitätsklinikum Freiburg: Untersuchungen zu therapeutischen Anwendungen
- Max-Planck-Institute: Grundlagenforschung zu Bewusstsein und Neuroplastizität
Rechtliche Rahmenbedingungen für Forschung:
- Forschung mit BtMG-Substanzen ist grundsätzlich erlaubt
- Benötigt Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
- Strenge Auflagen für Lagerung, Dokumentation und Probandenauswahl
- Nur wenige Einrichtungen haben die nötigen Genehmigungen
Psilocybin als Arzneimittel: Was bedeutet “Breakthrough Therapy”?
International hat die Psychedelika-Forschung große Fortschritte gemacht:
FDA Breakthrough Therapy Designation (USA):
- 2018 und 2019 erhielt Psilocybin diesen Status für behandlungsresistente Depression
- Bedeutet beschleunigtes Zulassungsverfahren
- Zeigt hohes therapeutisches Potenzial
MDMA für PTBS:
- Ähnliche Entwicklung bei MDMA-assistierter Therapie
- Zulassung in USA wird für 2024/2025 erwartet
Auswirkungen auf Deutschland:
- EU-Arzneimittelzulassung würde auch für Deutschland gelten
- Dann wäre Psilocybin als verschreibungspflichtiges Medikament legal
- Würde Umstufung von Anlage I zu Anlage III bedeuten
- Microdosing im Selbstversuch bliebe aber weiterhin illegal
Compassionate Use und Ausnahmegenehmigungen
In Einzelfällen sind medizinische Anwendungen möglich:
§ 3 Abs. 2 BtMG:
- Ermöglicht Ausnahmegenehmigungen für medizinisch notwendige Anwendungen
- In Deutschland bisher extrem selten bei Psychedelika
- Andere Länder (Kanada) sind großzügiger
Voraussetzungen:
- Schwere Erkrankung
- Keine zugelassenen Alternativen
- Wissenschaftliche Evidenz für möglichen Nutzen
- Behandelnder Arzt muss Antrag stellen
Die Hürden sind sehr hoch, und Microdosing fällt nicht unter diese Regelung, da es keine anerkannte medizinische Indikation darstellt.
Politische Entwicklungen und Ausblick
Cannabis-Legalisierung als Präzedenzfall?
Die teilweise Legalisierung von Cannabis in Deutschland ab April 2024 wirft die Frage auf: Folgen Psychedelika?
Was für eine Entwicklung spricht:
- Internationale Tendenz zur Liberalisierung
- Wachsende wissenschaftliche Evidenz für therapeutischen Nutzen
- Argumente für Konsumentenschutz und Qualitätskontrolle
- Überlastung der Justiz durch Bagatelldelikte
Was dagegen spricht:
- Cannabis-Legalisierung war langwieriger, kontrovers Prozess
- Psychedelika sind in der öffentlichen Wahrnehmung “härter”
- Fehlende breite gesellschaftliche Akzeptanz
- Konservative politische Kräfte lehnen weitere Liberalisierung ab
- Cannabis-Modell ist eingeschränkt (Clubs, keine kommerzielle Abgabe)
Initiativen und Bewegungen in Deutschland
Einige Organisationen setzen sich für Reformen ein:
MIND Foundation (Berlin):
- Wissenschaftliche Forschung und Bildung
- Fachkonferenzen zu Psychedelika-Therapie
- Keine explizite politische Lobby-Arbeit
Deutsche Gesellschaft für Psychedelische Therapie (DGPTh):
- Zusammenschluss von Therapeuten und Forschern
- Fokus auf medizinische Anwendung
Studentische Initiativen:
- Students for Sensible Drug Policy (SSDP) Ableger in Deutschland
- Aufklärungsarbeit an Universitäten
Im Vergleich zu Cannabis-Legalisierungsinitiativen ist die Bewegung noch klein und wenig öffentlich sichtbar.
Realistische Prognose: Was könnte sich ändern?
Kurzfristig (1-3 Jahre):
- Ausweitung medizinischer Forschung wahrscheinlich
- Möglicherweise erste therapeutische Zulassungen in EU/USA
- Entkriminalisierung unwahrscheinlich
- Status quo bleibt bestehen
Mittelfristig (5-10 Jahre):
- Psilocybin könnte als Medikament zugelassen werden (Anlage III)
- Therapie-Modelle wie in Oregon könnten diskutiert werden
- Microdosing zum Eigenkonsum bleibt vermutlich illegal
- Möglicherweise geringere Strafverfolgung bei Bagatellmengen
Langfristig (10+ Jahre):
- Umfassendere Reformen denkbar
- Hängt stark von internationalen Entwicklungen ab
- Generationswechsel könnte offenere Haltung bringen
Fazit: Eine schnelle Legalisierung von Microdosing ist unrealistisch. Am ehesten ist eine schrittweise Liberalisierung über den medizinischen Bereich zu erwarten.
Rechtliche Risiken minimieren: Praktische Hinweise
Wichtiger Disclaimer: Dieser Abschnitt soll nicht zu illegalen Handlungen ermutigen, sondern informiert über Risikominimierung für Menschen, die trotz Kenntnis der Rechtslage Microdosing praktizieren.
Was erhöht das Entdeckungsrisiko?
Hohe Risikofaktoren:
- Online-Bestellungen aus dem Ausland (Zollkontrollen)
- Öffentliche Kommunikation in sozialen Medien
- Weitergabe an andere Personen (Handel-Tatbestand!)
- Fahren unter Einfluss oder mit Substanzen im Auto
- Große Mengen oder Verkaufsverpackungen
Niedrigere Risikofaktoren:
- Diskreter Umgang im privaten Bereich
- Keine Überschneidung mit anderen Straftaten
- Keine polizeilichen Anlässe (Verkehrskontrollen, Hausdurchsuchung aus anderem Grund)
Umgang mit Polizeikontrolle
Falls Sie in eine Kontrolle geraten:
Grundsätzliche Rechte:
- Sie müssen zur Person aussagen (Name, Adresse etc.)
- Sie müssen nicht zur Sache aussagen – Schweigen ist oft die beste Strategie
- “Ich möchte von meinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen”
- Kontaktieren Sie einen Anwalt, bevor Sie Aussagen machen
Durchsuchung:
- Polizei braucht normalerweise richterlichen Beschluss
- Bei “Gefahr im Verzug” sind auch anlasslose Durchsuchungen möglich
- Auto-Durchsuchung bei begründetem Verdacht leichter möglich
Urin-/Bluttest:
- Können Sie im Regelfall ablehnen
- Bei begründetem Verdacht kann richterlich angeordneter Test erzwungen werden
- LSD ist schwer nachweisbar (kurze Nachweiszeit im Urin: 1-2 Tage)
- Psilocin: ebenfalls kurze Nachweiszeit
Dokumentation und Vorsicht
- Führen Sie kein öffentliches Journal mit expliziten Substanznamen
- Verschlüsseln Sie digitale Aufzeichnungen
- Bewahren Sie keine größeren Mengen auf als unmittelbar nötig
- Keine Fotos von Substanzen auf Smartphone (bei Beschlagnahmung verwertbar)
Ethische Überlegungen: Information vs. Anleitung
Als Informationsportal bewegen wir uns in einem Spannungsfeld:
Unser Auftrag:
- Sachliche, evidenzbasierte Aufklärung über Microdosing
- Transparente Darstellung von Risiken – auch rechtlichen
- Harm Reduction: Wenn Menschen sich für Microdosing entscheiden, sollen sie informiert sein
Unsere Grenzen:
- Wir fordern nicht zum Rechtsbruch auf
- Wir verharmlosen die Rechtslage nicht
- Wir bieten keine Anleitungen zum Erwerb illegaler Substanzen
- Wir geben keine Rechtsberatung
Harm Reduction Ansatz: Das Konzept der Schadensminimierung erkennt an, dass Menschen Substanzen konsumieren werden – legal oder illegal. Ziel ist es, dabei Schaden zu minimieren durch:
- Ehrliche Information über Risiken
- Praktische Sicherheitshinweise
- Aufklärung über Qualität und Dosierung
- Kein moralisches Urteil
Dieser Ansatz hat sich international bewährt und rettet Leben. Er bedeutet nicht, illegales Verhalten zu fördern, sondern Menschen zu schützen.
Zusammenfassung und Fazit
Die rechtliche Situation von Microdosing in Deutschland ist eindeutig: Microdosing mit LSD oder Psilocybin ist illegal. Die wichtigsten Punkte:
✅ Kernfakten zur Rechtslage:
- LSD und Psilocybin stehen in BtMG Anlage I
- Besitz, Erwerb, Herstellung und Handel sind strafbar
- Die Dosierung ist rechtlich irrelevant
- Strafen reichen von Geldstrafe bis zu mehrjährigen Freiheitsstrafen
- Führerscheinverlust und berufliche Konsequenzen sind möglich
✅ Wichtige Nuancen:
- Geringe Mengen zum Eigenkonsum können zur Verfahrenseinstellung führen – Garantie gibt es nicht
- Verfahrenseinstellung bedeutet nicht Legalität
- Erste Vergehen werden oft milder behandelt als Wiederholungstaten
✅ Internationale Entwicklungen:
- Viele Länder liberalisieren, besonders für medizinische Anwendung
- Deutschland hinkt diesen Entwicklungen hinterher
- Therapeutische Zulassung von Psilocybin ist mittelfristig möglich
✅ Ausblick:
- Kurzfristige Legalisierung von Microdosing unwahrscheinlich
- Medizinische Forschung wächst
- Gesellschaftliche Debatte kommt langsam in Gang
Unsere Position: Wir setzen uns für eine evidenzbasierte, rationale Drogenpolitik ein, die wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt. Die aktuelle Rechtslage spiegelt nicht den Stand der Forschung wider, ist aber geltende Realität.
Wenn Sie erwägen, Microdosing zu praktizieren:
- Seien Sie sich der rechtlichen Risiken vollständig bewusst
- Treffen Sie eine informierte, eigenverantwortliche Entscheidung
- Konsultieren Sie bei Zweifeln einen Rechtsanwalt
- Beachten Sie auch gesundheitliche Risiken und Kontraindikationen
Wir hoffen, mit diesem Artikel ein realistisches Bild der Rechtslage vermittelt zu haben – weder dramatisierend noch verharmlosend, sondern sachlich und aufklärend.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Kann ich für Microdosing ins Gefängnis kommen?
Bei Ersttätern mit geringen Mengen zum Eigenkonsum ist eine Freiheitsstrafe unwahrscheinlich. Typischerweise drohen Geldstrafen oder Verfahrenseinstellung. Bei Handel, größeren Mengen oder Wiederholungstaten steigt das Risiko deutlich. Bewährungsstrafen sind möglich, Haftstrafen in der Regel bei erheblicheren Verstößen.
Sind Pilzsporen legal zu kaufen?
Der Kauf von Psilocybin-Pilzsporen bewegt sich in einer Grauzone, da Sporen selbst kein Psilocybin enthalten. Viele Anbieter verkaufen sie als “Forschungsmaterial”. Sobald Sie die Sporen aber zur Zucht verwenden, machen Sie sich strafbar wegen Herstellung von BtMG-Substanzen. Die Bestellung allein dürfte straffrei sein, die beabsichtigte Verwendung ist entscheidend.
Was passiert bei einer Hausdurchsuchung wegen Microdosing?
Eine Hausdurchsuchung erfordert normalerweise einen richterlichen Beschluss. Falls Substanzen gefunden werden, werden diese beschlagnahmt und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Sie sollten von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen und einen Rechtsanwalt kontaktieren. Die Staatsanwaltschaft entscheidet dann über Anklage oder Einstellung des Verfahrens. Parallel kann die Führerscheinstelle informiert werden.
Ist Microdosing mit verschriebenen Medikamenten legal?
Nein, es gibt in Deutschland aktuell keine zugelassenen Medikamente mit LSD oder Psilocybin. Einige Länder ermöglichen therapeutische Anwendung mit Ausnahmegenehmigungen, in Deutschland ist dies extrem selten und nicht für Microdosing vorgesehen. Selbst wenn Psilocybin zukünftig als Medikament zugelassen wird, würde das nicht bedeuten, dass Microdosing im Selbstversuch legal wäre.
Wie ist die Rechtslage bei Microdosing im Ausland?
Das hängt vom jeweiligen Land ab. In den Niederlanden sind Magic Truffles legal erhältlich, in Portugal ist Besitz entkriminalisiert, in Jamaika werden Psilocybin-Retreats angeboten. Wichtig: Auch wenn Sie im Ausland legal konsumieren, dürfen Sie nichts nach Deutschland einführen. Zudem können deutsche Behörden bei Bekanntwerden (z.B. Social Media Posts) theoretisch auch Auslandskonsumenten verfolgen, praktisch geschieht das selten.
Gibt es eine Verjährungsfrist für BtMG-Verstöße?
Ja, die Verjährungsfrist für einfachen Besitz (§ 29 BtMG) beträgt 5 Jahre ab Tat. Bei schwereren Verstößen (Handel, größere Mengen) kann die Frist länger sein. Die Verfolgungsverjährung bedeutet, dass nach Ablauf keine Strafe mehr verhängt werden kann. Tilgungsfristen im Bundeszentralregister sind davon zu unterscheiden – Einträge werden je nach Strafmaß nach 3-15 Jahren gelöscht.
Kann ich anonym rechtliche Beratung zu Microdosing bekommen?
Ja, viele Rechtsanwälte für Strafrecht bieten Erstberatungen an. Sie können auch Drogenberatungsstellen kontaktieren, die oft kostenlos und anonym beraten. Organisationen wie Drugcom oder Mindzone bieten Online-Beratung. Für konkrete rechtliche Fragen sollten Sie aber einen Fachanwalt für Strafrecht konsultieren, der Ihre spezifische Situation bewerten kann.
Wird Microdosing bei Verkehrskontrollen nachgewiesen?
LSD und Psilocin sind schwer nachweisbar, da sie sehr schnell abgebaut werden. Standard-Drogentests am Straßenrand erfassen sie oft nicht. Bluttests können bei zeitnaher Einnahme positiv sein (LSD: wenige Stunden, Psilocin: bis 24 Stunden). Die Nachweisbarkeit im Urin ist ebenfalls kurz (1-3 Tage). Trotzdem: Fahren unter Einfluss ist gefährlich und strafbar. Auch Microdosen können Fahrfähigkeit beeinträchtigen.
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 12. Oktober 2025. Rechtliche Informationen können sich ändern. Keine Rechtsberatung.